Donnerstag, 20. November 2014

Gekaufte Journalisten

Um den ehemaligen Journalisten Udo Ulfkotte muss es psychisch nicht zum Besten stehen, wenn man sein jüngstes Buch über "Gekaufte Journalisten" liest. In einem Rundumschlag gegen jeden und alles, insbesondere auch gegen viele seiner ehemaligen Kollegen wird alles das ausgebreitet, was jeder kritische Zeitgenosse über die Journaille sowieso schon wusste, aber für jeden cleveren Journalisten, der dies nach Beendigung seine Karriere bei der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) erst nach elf Jahren der Öffentlichkeit als "Sensation" verkaufen will, nur peinlich wirkt. Wenn er von den "Irren in den Leitmedien" schreibt, fällt dies auf ihn zurück. 

Die Frage, die sich deshalb stellt, ist, warum Ulfkotte erst jetzt mit dem für jeden Journalisten allgemein Bekannten an die Öffentlichkeit geht. Von 1986 bis 2003 war er für die FAZ in der "Außenpolitik" tätig. Wie man aufgrund seiner Vita rückschließen kann, gehörte er zum deutschen und internationalen Außen- und Sicherheitsestablishment. Joan Baez sang einmal "Falling from Grace". Trifft dies auch auf den Autor zu? 

In diesem Ulfkotte-Buch erfährt ein politisch-kritischer Zeitgenosse eigentlich nichts Neues. Der Werbetext liest sich reißerisch: "Können Sie sich vorstellen, dass Geheimdienstmitarbeiter in Redaktionen Texte verfassen, welche dann im redaktionellen Teil unter den Namen bekannter Journalisten veröffentlicht werden? Wissen Sie, welche Journalisten welcher Medien für ihre Berichterstattung geschmiert wurden? Und haben Sie eine ungefähre Vorstellung davon, wie renommierte 'Journalistenpreise' vergeben werden? Da geht es im Hintergrund zu wie bei den einstigen Ehrungen der 'Helden der Arbeit' in der früheren DDR - da wird Propagandaarbeit ausgezeichnet. Vom Journalisten zum Propagandisten ist es nicht weit." Die einzig interessante Erkenntnis ist, dass sich Journalisten nicht anders verhalten als Krethi und Plethi und so politisch korrumpierbar sind wie die Politikerkaste. 

Dass Journalisten in diesen und jenen Lobbyorganisationen Mitglied sind, gehört zum journalistischen Geschäft. Sie sollten für "goodies" jedoch nicht empfänglich sein. Aber wer ist schon für "Annehmlichkeiten" nicht empfänglich? Wie es scheint, war es auch Ulfkotte nicht. Die journalistische Kaste muss sich aber einen großen Teil der Schuld selber zuschreiben. Sie ist engstens verbandelt mit den Mächtigen, weil auch sie die Macht liebt. Warum haben sich die Journalisten in die verbrecherischen Kriege der USA und der Nato "einbetten" lassen? Die diversen Einladungen der Regierungen, ihrer Organisationen oder reicher Sponsoren erfolgten nicht, weil diese sich als Weltsozialarbeiter verstehen, sondern damit die umgarnen Meinungsmacher positiv über sie berichten und ihre politischen Ideen transportieren. 

Jüngstes Beispiel ist der so genannte Ukraine-Konflikt, in dem der öffentliche Eindruck entsteht, als seien die westlichen Meiden gleichgeschaltet. Putin ist schlichtweg der "Böse", der von den Medien unisono dämonisiert wird, wohingegen US-Präsident Obama und seine westeuropäischen Statisten als die "Guten" erscheinen, die nur Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und all die westlichen rhetorischen Nettigkeiten für das ukrainische Volk wollen und dabei vergessen, dass es sich dabei um einen Macht- und Interessenskonflikt handelt, bei dem es um Milliarden US-Dollar oder Euro, geopolitische Einflusssphären und nicht um den üblichen politischen Firlefanz von NGOs geht. Vom finanzierten und inszenierten Putsch der USA gegenüber einer demokratischen Regierung liest man in den westlichen Medien nichts mehr.

Dass sich die führenden Meinungsjournalisten als Lautsprecher der Mächtigen in Washington, Paris, London und Berlin betätigen, ist weitgehend bekannt. Jedermann kennt die Pentagon-Journalisten der Tages- und Wochenzeitungen wie "FAZ", "Die Welt", "Süddeutsche Zeitung", "Tagesspiegel" oder "Die Zeit". Dass sie die Stimme ihrer Meister und Auftraggeber sind, kann nur Naiven verborgen geblieben sein. Ihre Kommentare lesen sich bisweilen so, als kämen sie geradewegs aus Geheimdienstkreisen per Mail über den Atlantik. 

Trotz seines Insiderwissens stellt sich folgende Frage: Warum hat sich Ulfkotte mit einer "Ehrenbürgerurkunde" eines unbedeutenden Gliedstaates (Oklahoma) der USA  auszeichnen oder vom Sultan von Oman mit Luxus verwöhnen lassen? Dass sich das Brüsseler "Politbüro" (FJS) oder die EU-Nomenklatura Journalisten pekuniär bei Laune hält, kann in den elektronischen Staatsmedien teilweise live erlebt werden. Ein Journalisten betätigte sich sogar als Geburtstagsständchen-Animateur zu Merkels 60! 

Seriöser als Ulfkotte hat der Medienwissenschaftler Uwe Krüger in seinen Buch "Meinungsmacht" die zentrale Rolle der Meinungsmacher in den zentralen Leitmedien empirisch herausgearbeitet. Diese "Journalisten" betätigen als Sprachrohre fremder Interessen und verbrämen dieses mit anscheinender Objektivität. Im Gegensatz zu Krüger interessiert Ulfkotte nicht die Feinabstimmung. Er hantiert eher mit dem publizistischen Säbel als mit dem Florett. Warum musste er sich journalistisch so prostituieren und Interna freimütig zu Markte tragen? Auch Ulfkotte dürfte die politische Binsenweisheit kennen: Man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter.

Zur problematischen Vergangenheit Ulfkottes gehört seine islamophobe Phase. 2007 gründete er den Verein "Pax Europa", der 2008 mit einer fragwürdigen Bürgerbewegung zur "Bürgerbewegung Pax-Europa e. V." fusionierte. Kurz nach der Fusion verließ Ulfkotte jedoch den Verein. In einem TV-Streitgespräch zwischen Ulfkotte und Hans-Christian Ströbele ließ der grüne Bundestagsabgeordnete den Journalisten alt aussehen.

Der Drang des Autors zur politischen "Wahrheit" in Bezug auf Dritte wirkt bisweilen politisch abstoßend.