Dienstag, 4. Juli 2017

NGOs als Kriegspartei?

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) stehen immer noch in dem Ruf, von edlen, humanitären und philanthropischen Motiven geleitet zu sein. Die NGOs sind Teil der Zivilgesellschaft und sollten also in kritischer Distanz zum Staat stehen. Ihr Image scheint tadellos, sie genießen hohe Glaubwürdigkeit und Vertrauen ganz im Gegensatz zu den Politikern. Auch werden sie von den Medien immer noch verhätschelt, befinden sich quasi auf der medialen Sonnenseite. Zu Unrecht, wie das Buch zeigt. Hinter dem Mäntelchen der Wohltätigkeit missbrauchen Geheimdienste und Milliardäre die NGOs für ihre politischen Zwecke.

F. William Engdahl kratzt gehörig am Image dieser "edlen, selbstlosen Ritter". Die NGOs gehen heute wie die CIA vor, aber nur auf privat- und zivilgesellschaftlicher Ebene. "Vieles von dem, was wir heute tun, wurde vor 25 Jahren verdeckt von der CIA erledigt", so Allen Weinstein, Mitverfasser der Gründungsakte des "National Endowment for Democracy" (NED), einer US-NGO, die an allen Aufständen und Staatsstreichen der letzten zwei Jahrzehnte durch die USA maßgeblich beteiligt war. Die Aufgabe von NED bestand darin, auf "hinterhältige Weise systematische US-Propaganda als Waffe zu nutzen, um weltweit Regierungen abzusetzen, die sich nicht Washingtons Agenda fügen wollten. (...) Das NED war ein Werkzeug, um etwas zu erschaffen, was wir als Scheindemokratie bezeichnen können, mit dem Ziel, Washingtons globale Agenda zu fördern", schreibt der Autor. 

Die Wurzeln dieser Umsturzstrategien reichen bis zu den durch die CIA gesteuerten französischen Studentenrevolten im Mai 1968 zurück, die zum Ende der Präsidentschaft von Charles de Gaulle führten. De Gaulle hatte sich immer der US-Globalhegemonie entgegengestellt. Engdahl dokumentiert das zerstörerische der NGOs, die an allen geopolitischen Entwicklungen maßgeblich beteiligt waren und immer noch sind. Sie versprechen nur das Beste für die Völker: Frieden, Menschenrechte und Demokratie. Tatsächlich bringen sie in ihren Tornistern Krieg, Gewalt und Terror. Unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit werden von den NGOs Kriege und Geheimdienstoperationen "humanitär" bemäntelt, begleitet und umgesetzt.

Die gleichen NGOs arbeiteten heute an der Zerstörung der Souveränität der europäischen Nationalstaaten. Auch Deutschland werde, ähnlich den Staaten der Dritten Welt und Osteuropas, von besagen NGOs durch ein riesiges sozialtechnisches Projekt umgestaltet. Fast alle NGOs werden von dem Hedgefonds-Spekulanten George Soros finanziert. In engster Verbindung mit der CIA und dem US-Außenministerium arbeiten sie an der "Neuen Weltordnung", wie sie David Rockefeller genannt hat. 

Dass diese Kreise an einer "Welteinheitsregierung" arbeiten hat kein anderer als der "Pate" dieser Idee, Rockefeller, in seinen Memoiren bestätigt. Der Autor zitiert daraus: "Einige glauben sogar, wir seien ein Teil eines geheimen, intriganten Unterfangens gegen die Interessen der USA. Sie charakterisieren mich und meine Familie als "Internationalisten", die sich weltweit mit anderen verschworen haben, um eine neue, stärker integrierte, globale politische und wirtschaftliche Struktur aufzubauen - eine Welteinheitsregierung, wenn man so will, Wenn das der Vorwurf ist, bekenne ich mich schuldig, und ich bin stolz darauf." (FN 2, S. 223)

Einer der größten und gefährlichsten Strippenzieher in Hintergrund ist George Soros. Sein umfangreiches Netzwerk hat sich wie eine Krake um zahlreiche Länder gelegt, um sie zu destabilisieren und für einen Regierungsumsturz vorzubereiten. Was im Augenblick im Mittelmeer vor sich geht, kann als organisierter Menschenschmuggel durch NGOs bezeichnet werden, die den Schleuserbanden die Flüchtlinge gleich nach ihrem Auslaufen vor Libyens Küste durch ihre gecharterten Schiffe "retten". Der Ermittler und Rechtsanwalt William Craddick fand heraus, dass einige von den NGOs, die die Schmuggelschiffe gechartert hatten, "von Georges Soros und dessen Open Society Foundations finanziell betreut wurden, darunter die zur Soros-gestützten Gruppe Moveon.org gehörige Organisation avaaz.org, Save the Children und Mèdecins sans frontières (MSF)", so der Autor. Eine Soros-NGO stand auch hinter dem Putsch vom Majdan in Kiew. 

Um die Politik in Europa in seinem Sinne zu beeinflussen, habe Soros in London einen "European Council on Foreign Relations" (ECFR) ins Leben gerufen. Dieser ist seinem großen Vorbild in New York nachempfunden. Der ECFR hat auch eine Zweigniederlassung in Berlin. Zahlreiche deutsche Mitglieder gehören dem ECFR an. Dieser Council unter Leitung von Soros zielt darauf ab, das "Antlitz und das Sozialgefüge der EU zu verändern". Nicht ohne Grund haben Russland und China diese "scheindemokratischen Menschrechts"-NGOs von ihrem Territorium verbannt. 

Wer die elf Kapitel dieses sehr informativen und extrem spannenden Buches liest, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Kapitel drei und vier, in denen über die Ausplünderung Russlands durch die CIA, zusammen mit den "Harvard-Boys" und Soros in Kooperation mit dem KGB und dem damaligen Präsidenten Boris Jelzin, berichtet wird, sind atemberaubend. Jetzt wird auch verständlich, warum die gesamte politische Klasse der USA, inklusive der Medien, Präsident Vladimir Putin so hasst und dämonisiert, weil er es war, der diese Ausplünderung gestoppt hat. Die russischen Oligarchen haben sich an der Zerstörung und Ausplünderung Russlands massiv beteiligt, sodass ihre Verfolgung und Anklage durch Putin mehr als berechtigt erscheint. Die westlichen Medien haben aus ihnen zu Unrecht Verfolgte gemacht. "Die Zerstörung der Sowjetunion war eine der finstersten kriminellen Machenschaften, die je von einer US-Regierung angezettelt wurden." Zur Schwächung des gesamten Ostblocks führte die Unterstützung der polnischen Solidarnosc-Bewegung durch NED.

Die Zerstörung Jugoslawiens war ebenfalls ein Gemeinschaftswerk der US-geführten NATO, der CIA und ihrer NGOs. "Die Ereignisse in und um Jugoslawien sollten dazu genutzt werden, die NATO bis vor die Haustüre Moskaus zu erweitern, mit einer Reichweite bis ins ferne Afghanistan." Die CIA war auch für Umsiedlung von afghanischen Mudschaheddin-Kämpfern nach Bosnien verantwortlich. Der monatelange Bombenterror der NATO gegen Serbien führte zum Sturz von Slobodan Milosevics und diente nur dem Ziel, die NATO unter US-Führung auf Krieg einzustimmen und den USA eine riesige Militärbasis (Camp Bondsteel) im Kosovo zu sichern, auf der zeitweise bis zu 7000 US-Soldaten stationiert sind. 

Durch massiven Druck auf die serbische Regierung musste diese Milosevic an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag ausliefern. Vor diesem korrupten Pseudo-Gericht gab es für Milosevic nicht den Hauch einer Chance. Der Gerechtigkeit wurde Hohn gesprochen. Nach fünf Jahren Haft fand man den serbischen Präsidenten tot in seiner Zell. "So war auf bequeme Weise ein unangenehmer Zeuge der wahren Rolle der USA und der NATO bei der Zerschlagung Jugoslawiens aus dem Wege geräumt", schreibt Engdahl. 

Wer meint, das die Proteste der Menschen auf dem Tian'anmen-Platz in Peking, in Iran, Georgien, der Ukraine oder beim so genannten Arabischen Frühling aus dem Nichts heraus entstanden sind, wird durch den Autor eines Besseren belehrt. Keiner dieser Massenproteste war spontan, sondern minutiös geplant. Auch die Absetzung des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubaraks oder Ben Ali in Tunesien hatten mit Spontanität wenig zu tun, sondern vielmehr mit generalstabsmäßiger Planung. Auch der Putsch in der Ukraine war von der CIA und den NGOs mit Hilfe von faschistischen Söldnern von außen gesteuert. Das einzige Unterscheidungsmerkmal dieser Staatstreiche war die unterschiedliche Farbe, unter der die Aktionen abliefen. Die Regisseure und die Akteure waren immer die gleichen.

Das Fazit des Autors ist zugleich ernüchternd und niederschmetternd für das US-Imperium. "Der jahrzehntelange US-Export von Scheindemokratie hat nicht ein einziges Land dazu gebracht, authentische Schritte in Richtung einer repräsentativen Demokratie zu unternehmen." Der destruktiven Politik Washingtons und seinen NATO-Vasallen haben Russland, China, die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) und die Eurasische Wirtschaftsunion eine konstruktive Alternative entgegengesetzt, und zwar den Aufbau von Nationen auf der Grundlage von Autonomie, Souveränität und der Gleichheit aller Staaten vor dem Völkerrecht.

Dieses Buch ist ein absolutes Muss. Es ist sehr informativ, spannend von der ersten bis zur letzten Seite, sehr verständlich geschrieben und überaus akribisch recherchiert. Einfach exzellent!