Dienstag, 18. August 2015

Griechenland-"Rettung": Dritter Akt

Wann kollabiert die Kunstwährung Euro?
Am Mittwoch wird der Deutsche Bundestag wieder einmal über ein Rettungspaket für Griechenland abstimmen, zum dritten Mal, aber garantiert nicht zum letzten Mal. Denn nach dem dritten folgt das vierte Rettungspaket, das der Ex-Finanzminister Peer Steinbrück von der SPD bereits in einer Rede angekündigt hat. Man kann sich das geheuchelte Gejammere der Regierenden schon ausmahlen, die nach der dritten "Rettung" verkünden werden, dass es eine weiter nicht geben werde. 

Das einzig Interessante bei dieser Abstimmungsfarce wird die Zahl der Gegenstimmen innerhalb der CDU/CSU-Fraktion sein. Die Mitglieder der Unions-"Christen"-Fraktion wurden vorsorglich schon einmal vom Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder eingeschüchtert durch die Drohung, den Neinsagern vermeintlich wichtige Posten in den Ausschüssen zu entziehen. So unverblümt hat bisher noch nie ein Fraktionsvorsitzender die "Freiheit" des einzelnen Abgeordneten, der angeblich nur seinem "Gewissen" verantwortlich sein soll, ad absurdum geführt. Es scheint als herrschten auch im einem demokratisch gewählten Parlament hinter den Kulissen "stalinistische" Verhältnisse.

Mit Regeln, Normen, Recht und Gesetz hat die Griechenland-Retterei noch nie etwas zu tun gehabt. Diese werden nach Gutsherrenart als volatile Größe behandelt, wenn sie denn überhaupt noch respektiert werden. Im Falle Griechenlands findet eine Insolvenzverschleppung gigantischen Ausmaßes statt. Jeder weiterer Kredit würde laut Wirtschaftsrecht als schwere Untreue geahndet werden. Bei einem Unternehmen stünden die Staatsanwälte sofort auf der Matte. Der Bevölkerung wird zum wiederholten Male eine Mogelpackung verkauft, die angeblich den deutschen Steuerzahler gar nichts kosten soll. Warum stimmen die Abgeordneten wider besseres Wissen dieser Mogelpackung überhaupt zu? 

Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble haben immer betont, dass ein Schuldenschnitt für sie nicht in Frage käme. Aber genau ein solcher erfolgt jetzt, wird aber nicht so genannt. Es findet also ein Verschleierung statt. Da der Internationale Währungsfonds (IWF) bei diesem Vabanquespiel der Polit-Hasardeure außen vor bleibt, da seine Forderung nach einem Schuldenschnitt nicht erfüllt worden ist, wollten eigentlich Merkel und Schäuble keiner Griechenlandrettung zustimmen. Nach dem Motto "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern"? wurde der Schuldenschnitt in "Laufzeitverlängerung" und "Zinsstreckung" umdefiniert, was so viel bedeutet, dass Griechenlands Schulden- oder Zinsrückzahlungen ad calendas graecas vertagt worden sind, d. h. auf den Sankt Nimmerleinstag.

Ob sich die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion durch diesen Trick und die Täuschung zu einem "Ja" entscheiden werden, muss abgewartet werden. Da Schäuble, trotz erheblicher Skepsis gegen einen weiteren Verbleib Griechenlands in der Eurozone, plötzlich für das dritte "Rettungspaket" plädiert, ist ein Zeichen für seine politische Flexibilität. Hätte er sich dagegen ausgesprochen, wären Merkels Tage als Kanzlerin gezählt gewesen. Er hat mit Merkel aus dem Jahr 2000 noch eine offene Rechnung zu begleichen. 

Das dritte Griechenland-"Rettungspaket" hat nichts mit einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren zu tun. Es basiert auf der Selbstermächtigung der Staats- und Regierungschefs sowie einer nicht demokratisch legitimierten EU-Kommission und der zur Staatsfinanzierung missbrauchten EZB. Zwei Drittel des neuen Hilfspakets werden zur Schuldentilgung und zur Rekapitalisierung der Banken verwendet. Die Milliarden fließen nur von der rechten in die linke Tasche. Die Risiken der Banken werden wieder auf den Steuerzahler abgewälzt. 

Das Schulden-Schneeballsystem, das mit dem ersten "Rettungspaket" in Gang gesetzt worden ist, hat sich zu einer riesigen Schuldenlawine entwickelt, die letztendlich auch die Kunstwährung "Euro" unter sich begraben wird. Die Staatsverschuldung Griechenlands liegt aktuell bei 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, was zirka 317 Milliarden Euro entspricht. Das Wirtschaftswachstum schwankt um plus/minus Null. Warum sollen eigentlich die andere Eurozonen-Länder ihrer Bevölkerung weitere Spardiktate auferlegen, wo es doch auch anders geht? 

Oskar Lafontaine hat kürzlich in einen Spiegel-Interview eine Ende der europäischen Gemeinschaftswährung gefordert und den deutschen "Exportnationalismus" kritisiert. Er schlägt vor, dass Europa zu Währungsschlange zurückkehrt, die vor der Einführung des Euro existierte. Griechenland solle ein Teil des europäischen Währungssystems bleiben, aber seine eigene Währung wieder einführt, damit das Land die Möglichkeit erhält, um in Krisenzeiten seine Währung abzuwerten, was zum Beispiel die VR China gerade getan hat. 

Wenn der Euro eine so wunderbare und "alternativlose" Währung ist, fragt man sich, warum sich prosperierende Länder wie Großbritannien, Dänemark, Schweden, Norwegen, Tschechien und Polen ihm noch nicht angeschlossen haben? Vielleicht wollen sie nicht zum Spielball der internationalen Finanzoligarchie degradiert werden und weiter über ihre Zukunft frei entscheiden. Dies ist in der Eurozone aber nicht vorgesehen. Die Griechen haben es sechs Monate lang versucht, bevor sie kapitulierten. 

Das dritte Griechenland-"Rettungspaket" wird am Mittwoch wieder einmal im Deutschen Bundestag durchgewunken. Die Bevölkerung und die Abgeordneten warten gebannt auf den "vierten Akt". Hoffentlich ist dann die Merkel-Regierung nicht mehr im Amt.