Dienstag, 25. Dezember 2012

Christliche Sozialethik – Architektur einer jungen Disziplin

Wilhelm Korff gehört zu den renommiertesten Sozialethikern, welche die katholische Kirche jemals hervorgebracht hat. Er fungiert bis heute als Impulsgeber des Faches „Christliche Sozialethik“, dessen spiritus rector er ist. Anlässlich seines 85. Geburtstags veranstaltete die Katholisch-Theologische Fakultät an der Universität München einen akademischen Festakt. Jeder persönlichen Eitelkeit abholt, stand für Korff immer sein Werk im Mittelpunkt. 

Korff hat die junge Wissenschaftsdisziplin mit seinen bahnbrechenden Werken wie „Norm und Sittlichkeit“, „Wie kann der Mensch glücken“ und „Kernenergie und Moraltheologie“ maßgeblich geprägt. Darüber hinaus fungiert er als Herausgeber des „Handbuchs der Christlichen Ethik“, des „Lexikons für Theologie und Kirche“, des „Lexikons für Bioethik“ sowie des „Handbuchs der Wirtschaftsethik“. Sein gesamtes Werk und Denken wird von der „Wende zum Subjekt“ durchzogen.

Dem heute dominanten Gliederungsprinzip der Bereichsethiken, welche die Gefahr in sich bergen, dass die Einheit des Faches zerbröselt, hat der Autor ein Strukturprinzip entgegengesetzt, das erst einmal die Argumentationszusammenhänge deutlich macht, um zuerst die Fragen zu finden, bevor Antworten gegeben werden können. Einer solchen wissenschaftlichen Methodik fühlt Korff sich auch in seinem Unruhestand weiter verpflichtet. Er arbeitet an zwei Großprojekten, in denen es um nichts Geringeres als der „ethischen Vermessung der menschlichen Handlungswelt“ und der „Grundlegung Christlicher Sozialethik“ geht.

In ihrer Laudatio ging Bundesbildungsministerin Annette Schavan auf das Spannungsverhältnis zwischen ethischem Anspruch und politischem Kompromiss ein. Glaubensethikern erteilte die Ministerin eine Absage, da sich aus dem Glauben wenig Konkretes für die Bewältigung der Schuldenkrise, des Klimawandels, der Vertrauenskrise usw. ableiten lasse. Die Glaubensethiker gingen davon aus, dass christliche Sittlichkeit nicht autonom sei, sondern aus dem Glauben heraus entwickelt werden müsse. Das Besondere einer christlichen Ethik sehe den Menschen als vernunftbegabtes Wesen, der Subjekt seines Handels und verantwortungsbewusster Akteur bei der Normsetzung und Normabwägung sei. 

Der politische Kompromiss verlange eine ständige Abwägung von Gütern.“Sie verlangt deshalb, öffentlich relevante Güter, Interessen und Erwartungen abzuwägen und ist damit das eigentliche Herzstück jeder ethischen Debatte.“ Eine Realisierung von Gütern könne nur unter „Inkaufnahme von Übeln“ erfolgen. In der Politik dürfe man nicht Widersprüche, Vielfalt und die Ausdifferenzierung als Belastung empfinden. Sie sei die eigentliche Herausforderung einer modernen demokratischen Gesellschaft. Zur Klärung dieser Fragestellungen und Konfliktsituationen habe Wilhelm Korff durch seine Ethik einen zentralen Beitrag geleistet. 

Mit großer Spannung werden die avisierten magna opera Korffs erwartet.