Montag, 31. Januar 2011

The „Palestine Papers”: a story of intensive cooperation

Der Tod einer Befreiungsbewegung tritt dann ein, wenn die Unterdrückten mit ihren Unterdrückern vertraulich über das Ausmaß ihrer Unterdrückung beginnen zu verhandeln. Den ersten Sargnagel in diesem makaberen Schauspiel hat PLO-Chef Yassir Arafat höchst selbst mit der Unterzeichnung der Osloer Abkommen von 1993 der „Palestine Liberation Organization“ (PLO) verpasst. Den Abgesang dieser „Befreiungsbewegung“ haben jedoch seine Nachfolger, wie z. B. „Präsident“ Abbas, Fayyad, Qurei, Erekat, Abed-Rabbo, Dahlan, u. v. a., angestimmt. Sie sind diejenigen, die fürstlich von der Besetzung Palästinas profitieren und ihren VIP-Status auf Kosten der unterdrückten Bevölkerung genießen.

Die „Palestine Papers“ (PP) dokumentieren in aller Deutlichkeit, wie eng die Zusammenarbeit zwischen der Kolonialmacht Israel, ihrem Protektor, den USA, und den Kolonisierten ist. Sie ging sogar soweit, dass diese „Vertreter des palästinensischen Volkes“ keinerlei Skrupel hatten, das Massaker an der eigenen Bevölkerung im Gaza-Streifen geschehen zu lassen, ohne dagegen zu protestieren, obgleich sie davon vorab informiert gewesen sind. Warum auch? War doch kurz zuvor der Putsch von Mahmoud Dahlan mit Hilfe der USA, Israels und der Abbas-Palästinenser gegen die demokratisch gewählte Hamas-Regierung im Gaza-Streifen gescheitert. Die Hamas ist diesem Komplott zuvorgekommen und hat den Statthalter Israels und der USA, Dahlan und seine Kumpane, von dort vertrieben.

Die PP zeigen aber auch, dass die jetzige Führung nur marginal von den Vorgaben Yassir Arafats abgewichen ist. Die Vereinbarungen von Taba vom Januar 2001 haben den Grundstein für diese weitreichenden Kompromisse gelegt. Man ging nur in der Akzeptanz fast aller Siedlungen, der Kontrolle über Ost Jerusalem und den Haram al-Sharif darüber hinaus, ansonsten hielt man sich weitestgehend an die so genannten Clinton-Parameter. Die Abbas-Palästinenser kamen den Israelis soweit entgegen, ohne gleich kollektiv zum Zionismus zu konvertieren. Treffender als Saeb Erekat kann man die Kompromissbereitschaft der Abbas-„Regierung“ nicht formulieren: „The only thing I cannot do is convert to Zionism.“ Ähnlich wie bereits in Taba ist man bereit, das Rückkehrrecht der Flüchtlinge von 1948, Ost Jerusalem als Hauptstadt, die völkerrechtswidrige Besiedelung ihres Heimatlandes, die Grenzen von 1949,/1967 das Sicherheitsproblem u. v. a. m. weitgehend zu opfern, um endlich zu einem Staat zu kommen, wie immer dieser auch aussehen mag. Wissen die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen wirklich, welches Gebilde sie als souveränen Staat „Palästina“ anerkennen wollen? Zur Illustration sei allen diese Karte empfohlen, die eher an die Inselwelt Mikronesiens erinnert. (s. h. Karte Archipel Palästina).

Trotz dieser weitreichenden Konzessionen waren die Kolonisatoren nicht bereit, dem König ohne Land und Kleider entgegenzukommen. Der politische Coup, den Ehud Barak und US-Präsident Bill Clinton in Camp David im Juli 2000 gegen Yassir Arafat landeten, dass er kein Partner für den Frieden sei, wurde durch die PP Lügen gestraft. Diese Veröffentlichungen führen aller Welt die Verweigerungshaltung der zionistisch-israelischen politischen Elite vor Augen. Wenn es keinen Partner für Frieden in Palästina gibt, dann sind es die israelischen Regierungen. Nicht für die Haltung der Palästinenser trifft die Charakterisierung des ehemaligen israelischen Außenministers Abba Eban zu, sondern sie beschreibt exakt die Haltung der diversen israelischen Regierungen: „They never miss an opportunity to miss an opportunity.“ Für jeden, der die Geschichte Palästinas kennt, war dies von Beginn der Kolonisierung dieses Landes durch den Zionismus klar. Die Kolonisatoren wollen bis heute das ganze Land Palästina, aber möglichst ohne dessen ursprüngliche Bewohner. Die Tagebücher des ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Moshe Sharett legen dafür beredtes Zeugnis ab, wie Israel seit Beginn der Staatsgründung alles getan hat, um seine Nachbarn zu destabilisieren und jede Friedensbemühungen zu torpedieren.

Was die PP auch zeigen, ist die zwielichtige Rolle, welche die USA in diesem „Friedensprozess“ spielt. Sie sind nicht nur kein „ehrlicher Makler“, dies waren sie noch nie, sondern ihre Nahostpolitik liegt völlig in der Hand der Israelis. Abbas wird in den PP mit einem Satz, den er an den Nahostgesandten Mitchell gerichtet hat, wie folgt zitiert: „Nineteen years of promises and you haven´t made up your minds what you want to do with us.“ Die jüngste Kapitulation US-Präsident Obamas gegenüber Binyamin Netanyahu legt offen, wer die US-Nahostpolitik gegenüber Israel in den USA formuliert: die „Israellobby“. In diesem Punkt wedelt der Schwanz tatsächlich mit dem Hund.

Die Veröffentlichungen der „Palestine Papers“ fallen in eine turbulente Zeit. Ein arabisches Regime noch dem anderen steht vor dem Kollaps. Dieser „Wind of Change“ könnte auch die Besetzten Gebiete erreichen und den „Präsidenten Palästinas“ samt seinen Kumpanen aus dem Amt und aus dem Land über den Jordan fegen. Auch das Regime des „Gambling-Kings“ in Jordanien könnte kippen. Generell sind alle arabischen Regime auf Treibsand gebaut. Legitimität besitzen sie fast nicht. Sollte neben dem Mubarak-Regime, die „Palestinian Authority“ und Jordanien von den Seiten der Geschichte verschwinden, stünde Israel ohne seine so genannten Freunde da. Es könnte sich dann tatsächlich der rassistische Ausspruch Ehud Baraks von Israel als der „Villa im Dschungel“ bewahrheiten; aber dafür trüge dann die israelische politische Elite wegen ihrer politischen Intransigenz die alleinige Verantwortung, welche die „Palestine Papers“ auch dokumentieren.

Die US-amerikanische politische Elite weiß, dass die augenblickliche palästinensische Führung von „Präsident“ Abbas, über „Ministerpräsident“ Fayyad illegitim ist. Die einzig demokratisch legitimierte Führung besteht aus Vertretern der Hamas; sie wurde 2006 in freien, fairen, geheimen und allgemeinen Wahlen mit absoluter Mehrheit gewählt. Auf Geheiß der USA und Israels musste Abbas sie auf dem Amt putschen. Deshalb sind die Rufe der USA und ihrer westeuropäischen Verbündeten nach freien Wahlen und demokratischen Reformen in der arabischen Welt nicht unbedingt glaubwürdig. Wie wird der Westen reagieren, wenn islamische Parteien die Macht in einigen Staaten demokratisch erringen? Wird es dann wieder einen Putsch der Militärs wie in Algerien geben? US-Präsident Obama sollte endlich einmal zu seiner vollmundigen Rhetorik stehen, als er erklärte, dass Amerika der festen Überzeugung sei, dass alle Menschen nach folgenden Dingen strebten, und zwar “the ability to speak your mind and have a say in how you are governed; confidence in the rule of law and the equal administration of justice; government that is transparent and free of corruption; and the freedom to live as you choose. These are human rights, and we support them everywhere”. Dies gehört tatsächlich zum US-amerikanischen Glaubensbekenntnis. Es wird höchste Zeit, dass die USA dies nicht nur gegenüber ihren „Freunden“ in der arabischen Welt, sondern auch gegenüber Israels Unterdrückungspolitik gegenüber den Palästinensern einfordern. Die brutale, gewaltsame Politik Israel gegenüber dem palästinensischen Volk kann nur durch einen Kurswechsel der US-Außenpolitik bewerkstelligt werden. Nur dadurch können sich die USA von ihren doppelten Standards befreien, die nirgendwo, außer von der herrschenden Elite in einigen Staaten Westeuropas, wenigen arabischen Despotien und anderen Diktaturen verstanden werden. Die Völker dieser Länder glauben schon längst nicht mehr der US-Propaganda und prangern deren doppelte Standards an.

Die Abbas-Kumpane genießen noch eine letzte Galgenfrist bis zur Abstimmung über die Anerkennung eines Palästinenserstaats im UN-Sicherheitsrat. Sollten dort die USA wieder ihr Veto einlegen, wird sich das Abbas-Regime nicht mehr an der Macht halten können. Nur durch die Gründung eines Staates Palästina und dessen Anerkennung durch die internationale Staatengemeinschaft wird Israel so unter internationalen Druck gesetzt werden können, dass es seine 44-jährige Okkupation Palästinas beenden und dem palästinensischen Volk seine Würde zurückgeben muss. Voraussetzung dafür aber ist ein Schuldbekenntnis und eine offizielle Entschuldigung seitens der israelischen politischen Führung für das historische Unrecht und das Leid, das die zionistische Kolonisierung über das palästinensische Volk gebracht hat.